Besprechung
Der Sopranistin Victoria Grant (Julie Andrews) geht es schlecht. Paris, 1934, und sie findet keine Anstellung. Seit vier Tagen hat sie nichts mehr gegessen. Das letzte Vorsingen im Chez Lui von Labisse (Peter Arne) lief schief. Bei einem Akt der Verzweiflung lernt Victoria den alternden Homosexuellen Carole „Toddy“ Todd (Robert Preston) kennen.
Aus der Not heraus muss Victoria bei Toddy die Klamotten eines ehemaligen Lovers anziehen – und Toddy hat die Idee! Victoria soll einen schwulen, polnischen Adligen spielen, der vorgibt eine Frau zu sein. Das ist verrückt! Aber Theateragent Andre Cassell (John Rhys-Davies) ist begeistert von dem „Mann“ und stellt ihn ein.
Die Show von „Victor“ kommt extrem gut an. Der Barbesitzer King Marchand (James Garner) aus Chicago ist ebenfalls hingerissen – von der Frau, die da singt. Als Victoria sich als Victor zu erkenn gibt, rast die Menge. King ist verwirrt. Er hat sich noch nie geirrt. Wieso hat er plötzlich Gefühle für diesen „Mann“? Er bleibt dabei und hält Victor für eine Frau. Die hat nun King am Hals und ein noch viel größeres Problem: sie hat sich in King verliebt.
Meinung von Nils
Oh, ich mag die Komödien von Regisseur Blake Edwards. Der Mann hat mit Unternehmen Petticoat, Frühstück bei Tiffany, Der rosarote Panther oder Das große Rennen rund um die Welt Klassiker der wahnwitzigen Unterhaltung geschaffen. Victor/Victoria reiht sich in die Galerie der großen Komödien nahtlos ein. Dabei hat er die Geschichte diesmal nicht selbst ersonnen. Victor/Victoria ist ein Remake einer deutschen Komödie aus dem Jahre 1933. Der Hamburger Reinhold Schünzel schrieb die Komödie, die auch damals schon von Transvestie handelte.
Der Stoff wurde viele Male verfilmt und wird auf Theaterbühnen präsentiert. Ich kenne lediglich die Version von Blake Edwards aus dem Jahre 1982. Der Film ist leicht, die Figuren sind gut gezeichnet und auch die Musik von Henry Mancini ist eingängig. Mancini machte sich unsterblich, weil er u.a. die Titelmelodie zu Der rosarote Panther schrieb.
Da es in Victor/Victoria um eine Sängerin geht, kann man die Geschichte natürlich nicht ohne Musik umsetzen. Mancini schrieb wunderbare Stücke für Julie Andrews, die auch heute noch beim Hören ins Bein gehen. Mancini gewann einen seiner insgesamt vier Oscars für die Musik, die er für Victor/Victoria schrieb.
Neben Julie Andrews brilliert vor allem Robert Preston. Er verkörpert die "alternde Tucker" wunderbar. Er hat das richtige Maß an Drama an sich, rutscht aber nie ins Lächerliche ab. Sein "Toddy" wird der Mentor für eine junge Frau, deren Potenzial er erkennt, die aber nicht sein darf, was sie ist, wenn sie Erfolg haben möchte. Die Idee von einer Frau, die einen Mann spielt, der vorgibt eine Frau zu sein ist schon wild.
Andrews und Garner haben bereits 1964 in Nur für Offiziere zusammen gespielt. Die Chemie zwischen den beiden wurde also schon vorher ausgetestet. Auch beinahe zwanzig Jahre später stimmt die noch. Garners Rolle ist etwas kleiner als gedacht. Er ist der Macho, der auch etwas vorgeben muss, was er nicht ist. Im Grunde ist er ein Barbesitzer, aber da man davon ausgeht, dass ein Barbesitzer in Chicago gleich zur Mafia gehört, spielt er das Spiel mit. Seine Welt wird dann auf den Kopf gestellt, als er einen schwulen Mann vorgeben muss, der in einen Mann verliebt ist, der vorgibt eine Frau zu sein und tatsächlich eine Frau ist. Ach, das schreibt sich schon so schön schräg.
Wer eine leichte Komödie mit einer wahnwitzigen Geschichte mag, dazu sich vor der beschwingten Musik von Mancini nicht scheut, der wird mit Victor/Victoria beinahe zweieinviertel Stunden bestens unterhalten.