Filmplakat Tod auf dem Nil

7,5/10

"Mord ist sehr viel billiger." — Tod auf dem Nil, 1978

Tod auf dem Nil

Besprechung

Meisterdetektiv Hercule Poirot (Peter Ustinov) unternimmt eine Reise auf dem Nil. An Bord des Schiffes Karnak befindet sich eine illustre Gruppe. Dabei ist u.a. die junge Linnet Ridgeway (Lois Chiles), eine reiche Erbin, die durch ihre beste Freundin Jaqueline De Bellefort (Mia Farrow) den smarten, aber armen Simon Doyle (Simon MacCorkindale) kennen und lieben gelernt hat. Dabei war er doch Jaquelines Freund. Wegen dieses unschönen Umstandes macht Jaqueline dem frisch vermählten Paar Linnet/Simon auch das Leben schwer. Sie verfolgt die beiden Turteltauben auf deren Hochzeitsreise durch Ägypten überall hin.

Linnets Rechtsanwalt Andrew Pennington (George Kennedy) ist ebenfalls an Bord. Er will krumme Geschäfte vertuschen und seiner Klientin eine Unterschrift abluchsen, die ihm das Leben retten könnte. Ein zwielichtiger Arzt namens Dr. Bessner (Jack Warten), die dem Alkohol nicht abgeneigte Schriftstellerin Mrs. Salome Otterbourne (Angela Lansbury) und ihre Tochter Rosalie (Olivia Hussey), die reiche, schrullige Mrs. Van Schuyler und ihre ständig angenervte Sekretärin Miss Bowers (Maggie Smith) sind ebenso an Bord wie Colonel Race (David Niven) und der Kommunist Mr. Ferguson (Jon Finch).

Race, ein alter Freund von Poirot, ist angeheuert worden, um ein Auge auf Pennington zu haben. Als Linnet Ridgeway eines nachts mitten auf dem Nil ermordet wird, hilft Race seinem Bekannten, den Täter zu finden. Die Liste der Verdächtigen ist lang. Die Hauptverdächtige Jacqueline kann es jedoch nicht gewesen sein, also muss Poirot kräftigst die grauen Zellen anstrengen.

Meinung von

Tod auf dem Nil war Agatha Christies 15. Roman mit dem belgischen Detektiven Hercule Poirot, die dritte Verfilmung eines Poirot-Falles und das erste Auftreten von Peter Ustinov in der Rolle. Zunächst ist der kauzige Detektiv nur Beobachter, wird später dann aber in den Fall soweit hineingezogen, dass ein Mordanschlag auf ihn verübt wird. Dennoch behält er stets die Fassung.

Wie schon bei Mord im Orient-Express hat der Kriminalist – und der Zuschauer ebenso – eine lange Liste an Verdächtigen zur Auswahl. Wieder spielt sich der Fall auf begrenztem Raum ab, diesmal eben auf einem Schiff. Ein Muster ist erkennbar, liebe Agatha. Was allerdings ungerecht ist, spielen doch wohl nicht alle Romane von ihr in engen Räumen.

Regisseur John Guillermin (u.a. King Kong und Flammendes Inferno) lässt sich viel Zeit, die Figuren vorzustellen. Es dauert beinahe 13 Minuten, bis Peter Ustinov das erste Mal als Poirot auf der Leinwand erscheint. Und da ist der Nil noch weit entfernt, bzw. die Reise auf dem Strom. Poirot bleibt auch auf dem Schiff oft ein stummer, meist zufälliger Beobachter. Das, was er beobachtet und belauscht, hilft ihm später seinen Fall zu lösen.

Das Finale ist dann auch ganz klassisch: alle Verdächtigen in einem Raum, der Meisterdetektiv knackt den Fall in erzählerischer Weise. Es werden geschickt hier und da über den Film verteilt Hinweise versteckt, die der gute Belgier Poirot schließlich noch einmal – als Rückblende für den Zuschauer – Revue passieren lässt.

Sir Peter Ustinov hatte mehr oder weniger alle Freiheiten, wie er seinen Poirot spielen wollte. Agatha Christie schuf eine Figur, die vom Äußerlichen kaum beschrieben war. Sie sollte nur das Gegenteil von Sherlock Holmes sein, also nicht lang und schlank wie Basil Rathbone in z.B. Der Hund von Baskerville, nicht glatt rasiert sondern mit einem prächtigen Bart und nicht Engländer, also Franzose. Doch das mit dem Franzosen schien der britischen Schriftstellerin zu offensichtlich, also ließ sie ihren Meisterdetektiv in Belgien das Licht der Welt erblicken. Mehr gab es nicht und Ustinov machte was draus. Sein Poirot ist oft stumm, poltert aber auch schon mal los, wenn es darum geht, sein Genie zu beweisen. Colonel Race bemerkt so passend: Ich hatte vergessen, was sie von sich halten. Poirot hält viel von sich.

Alle Figuren sind wunderbar gezeichnet. Lois Chiles gibt eine junge, frische Erbin, die viele Feinde hat, sich davon aber niemals beirren lässt. Tatsächlich hat beinahe jeder auf dem Boot etwas gegen Linnet. Die bestieg Mrs. Van Schuyler hat es auf die Perlen von Linnet abgesehen. Pennington will seine eigene Haut retten. Miss Bowers' Vater wurde von Linnets Vater ruiniert und nur deshalb muss Miss Bowers als Bedienstete der Schreckschraube Van Schuyler arbeiten. Dr. Bessner liegt mit Linnet im juristischen Streit. Jackie ist sauer auf ihre einstige Freundin, weil sie ihr den Mann ihrer Träume ausgespannt hat. Der Kommunist Mr. Ferguson sieht in Linnet einen Klassenfeind und auch Mrs. Otterbourne hat was gegen die Erbin. Somit gibt es jede Menge Verdächtige.

Christie hat einen schönen Roman – mit noch mehr Protagonisten – geschaffen, bei dem der Mord bestens geplant wurde und der Leser/Zuschauer hervorragend in die Irre geführt wird. Tod auf dem Nil ist nostalgische Krimigeschichte der Extraklasse.