Besprechung
Es war wie ein Märchen. Der Stuntman Colt Seavers (Ryan Gosling) und die Kamerafrau Jody Moreno (Emily Blunt) waren ein schönes Paar. Doch dann hatte Colt einen schweren Unfall – und verschwand von der Bildfläche. Nach seiner Genesung blieb er weiter verschwunden, verdiente sich sein Geld als Einparker.
Eines Tages bekommt er einen Anruf von Produzentin Gail Meyer (Hannah Waddingham). Die will Colt anheuern wieder als Stuntman zu arbeiten. Erst als er hört, dass Jody die Regisseurin des Films ist und ihn verlangt hat, willigt er ein und reist nach Australien.
Wie sich herausstellt, wollte Jody gar nicht Colt am Set haben. Zu sehr ist sie verletzt, weil Colt einfach verschwunden war. Es stellt sich heraus, dass Gail Colt nach Australien gelockt hat, weil sie seine Hilfe benötigt. Der Star des Films, Tom Ryder (Aaron Taylor-Johnson), ist nicht auffindbar. Er hat sich mit schlimmen Leuten eingelassen und nun ist er untergetaucht. Wenn Colt Tom nicht finden kann, ist der Film gestorben — und damit der Traum von Jody. Colt willigt ein.
Meinung von Nils
"Damals", im Zweiten, da liefen gute Serien. Immer eine Folge pro Woche. Zum Beispiel lief dort auch "Ein Colt für alle Fälle" mit Lee Mayors in der Hauptrolle. The Fall Guy, wie die Serie auch im Original hieß, hat nichts mit dieser gemein. Man mag sagen "Inspiriert von ...", mehr aber auch nicht. Einzige Gemeinsamkeiten zwischen Serie und Film sind der Name und die Profession der Hauptfigur, der Wagen der Hauptfigur und ... dann wird es dünn. Man könnte mit viel Fantasie das "Finde Tom Ryder"-Motiv gleichsetzen mit dem Nebenjob, den der Original-Colt Seavers hatte. Weil der Job als Stuntman nicht so viel Geld eingebracht hat, hatte der TV-Colt den Job als Kautionsjäger angenommen. Dadurch ist er natürlich immer in heikle Situationen geraten.
Der Film-Colt braucht das nicht. Ryan Gosling spielt einen Stuntman mit riesigen Liebeskulleraugen. Stunts sind nach dem Unfall nicht sein Ding. Die Haare sind lang, er mixt sich Gras-Smoothies. Erst als es heißt, dass Jody ihn angefordert hat, geht sein Motor wieder an. Umso enttäuschender, dass die ihn gar nicht haben wollte. Die Regisseurin ist zutiefst verletzt und scheut auch nicht davor, Colt vor der gesamten Filmcrew zu demütigen.
Hier kommt der Punkt ins Spiel, der mich wahnsinnig gestört hat. The Fall Guy ist keine Action-Komödie, was ich jedoch erwartet hatte. Einfach weil Regisseur David Leitch gefühlt nur Stoff für eine Stunde hatte und den Rest mit einer Liebesschnulze aufgefüllt hat. Er bricht ständig mit dem Genre und nimmt dem Film damit das Tempo. Da gibt es das Beispiel, wo Colt Bösewichte jagt und in einer sehr brisanten "Straßen-Surf-Situation" steckt – Schwupp – macht Leitch den Schnitt zur Karaoke-jammernden Jody. Schnell. Nee langsam. Nein schnell. Langsam! So ging es ständig. Das hat mich zumindest extrem genervt.
Der Streifen hat einen recht guten Trailer, leider konnte er dann in der Zwei-Stunden-Version nicht überzeugen. Einige nette Situationen bietet er. Wer der tatsächliche Bösewicht ist, wird schnell klar. Dafür ist der Stoff zu dünn.
The Fall Guy ist nicht so richtig witzig. Was schade ist, weil die TV-Serie – zumindest damals – echt lustig war. Schade auch, weil Regisseur Leitch mit Deadpool 2 doch einen wirklich spaßigen Streifen abgeliefert hat. Hm. Liegt es doch am Material des Drehbuchautors? Drew Pearce (Iron Man 3, Mission: Impossible - Rogue Nation) sollte eigentlich Übung darin haben, Blockbuster zu schreiben. Irgendwo ist da der Wurm drin. Vielleicht war er selbst gerade unglücklich verliebt. Wer weiß ...
Was ich mochte an dem Film? Die Musik. Offensichtlich ist Leitch ein großer Fan von der Band Kiss. "I was made for lovin' you" lief in diversen Varianten. Dann haben sie noch The Darkness reingeworfen und sogar Phil Collins. Davon abgesehen, hatte der Film nicht viel für mich. Ich musste das erste Mal in meinem Leben Taylor Swift hören!
Schade. Vermutlich war das alles auch ein Grund dafür, warum der Film in der dritten Woche fünf Besucher hatte, wobei wir drei davon gestellt haben.
Ich habe neben so vielen Dingen auch Howie vermisst. Colts Vetter war in der Serie immer die lustige Nummer. Das muss Ryan Gosling im Film irgendwie übernehmen, schafft es jedoch nicht.
Aber zur Entschädigung habe ich von der einen Kollegin die Reste der "Normal"-Popcorn-Packung bekommen. Davon kann sich eine sechsköpfige Familie eine Woche lang ernähren. Nicht gesund, aber es kommt etwas in den Magen.