Besprechung
Die Poseidon ist ein in die Tage gekommenes Passagierschiff. Es befindet sich auf dem Weg von New York nach Athen. Das Schiff ist auf seiner Abschiedstour, danach geht es zum Abwracken. An Silvester feiern die Passagiere ausgelassen das neue Jahr, als eine riesige Welle das Schiff erfasst. Die Poseidon kentert und schwimmt nun Kiel oben. Reverend Frank Scott (Gene Hackman) ist ein zorniger Mann Gottes, der Gott auch schon mal in Frage stellt. Seine Energie ist es, die ihn antreibt, einen Haufen von Leuten aus dem Ballsaal in den Maschinenraum und hin zum Wellentunnel zu führen, wo die Schiffshaut dünner ist.
Scott legt sich ziemlich schnell mit dem Polizisten Mike Rogo (Ernest Borgine) an, der mit der ehemaligen Prostituierten Linda (Stella Stevens) verheiratet ist. Mit bei der Truppe, die den mühsamen Weg nach oben nehmen will, ist noch das ältere Ehepaar Manny (Jack Albertson) und Belle Rosen (Shelley Winters), die Geschwister Susan (Pamela Sue Martin) und Robin Shelby (Eric Shea) und der Steward Acres (Roddy McDowall). Schließlich ist noch der Ladenbesitzer James Martin (Red Buttons) mit von der Partie, der die Sängerin Noonie Parry (Carol Lynley) unter seine Fittich genommen hat, nachdem ihr Bruder bei dem Unfall ums Leben gekommen ist.
Alle glauben an Scott und daran, dass er sie retten kann. Nur Rogo ist ständig negativ eingestellt und wartet lediglich darauf, dass Scott versagt. Die zehn Überlebenden müssen diverse Hindernisse überwinden und sich dabei immer beeilen. Das Wasser steigt stets weiter nach oben und verfolgt die Passagiere.
Meinung von Nils
Ah, die 70er waren so ein besonderes Jahrzehnt. Sie gelten als die Hochzeit der Katastrophenfilme. Da sind Flammendes Inferno und Achterbahn zu nennen. Und eben Die Höllenfahrt der Poseidon als einer der Wegbereiter für dieses Genre. Es muss immer eine Katastrophe passieren. Entweder ist sie von Menschenhand gemacht oder – viel besser – die Natur schlägt zu. Was dann passiert, ist stets recht ähnlich: Wir beobachten Menschen, wie sie mit dieser Katastrophe fertig werden, wie sie sich ihren Ängsten stellen, wie sie wachsen oder scheitern.
Das ist bei Die Höllenfahrt der Poseidon nicht anders. Ein Unterwassererdbeben nord-westlich von Athen hat eine mächtige Flutwelle ausgelöst, einen Tsunami – auch wenn damals niemand dieses Wort kannte. Das Schiff kentert und liegt nun mit dem Kiel nach oben im Wasser. Oben ist unten und umgekehrt. Scott ist der laute Anführer. Er nimmt das Ruder in die Hand, wenn alle am Verzweifeln sind. Das ist seine Natur, das ist aber auch sein Job als Priester. Die Menschen vertrauen ihm. Aber viel zu wenige. Der Großteil hört auf den Zahlmeister und bleibt im Ballsaal. Scott muss mitansehen, wie die Menschen ertrinken.
Bevor die Katastrophe über die Poseidon und ihre Passagiere hereingebrochen ist, gab Scott noch eine flammende Predigt. Die Sonne schien und alle lauschten ihm, auch ein anderer Priester (Arthur O'Connell). In dieser Predigt spricht Scott davon, dass Gott nicht auf den Einzelnen achtet. Der Mensch muss schon selber für sich kämpfen. Wie Recht sollte er behalten haben. Alle Leute, die ihm folgen müssen kämpfen. Noonie zum Beispiel ist anfangs völlig hilflos. Sie ist der Meinung, dass sie ohne ihren Bruder nicht leben könne. Martin reißt sie mit sich und treibt sie an. So taucht sie am Ende sogar, obwohl sie gar nicht schwimmen kann. Belle Rosen wollte anfangs auch nicht mit. Sie sei zu dick. Am Ende mobilisiert sie ihre Kräfte und rettet sogar Scott unter Wasser.
Der Film zeigt nicht, wie das Schiff kentert. Nicht von außen. Wir sehen nur, wie die Menschen durch den Ballsaal gewirbelt werden und plötzlich einige auf den Unterseiten der am Boden festgeschraubten Tische hocken. Große Trickeffekte gab es damals nicht. Einige Miniaturaufnahmen der Poseidon sind zu sehen, ansonsten ist das alles echte Kulisse, durch die sich die Überlebenden kämpfen müssen. Laut Abspann wurden einige Passagen auf der damaligen Queen Mary gedreht (Szenen fanden vor dem Unfall statt).
Ein Katastrophenfilm wäre kein Drama, wenn es nicht auch Schicksalsschläge gäbe. Am Ende sollen nur sechs Leute gerettet werden. Zwei Tote sind dumme Unfälle. Mrs. Rosen opfert sich, sie rettet Scott und erleidet dann einen Herzinfarkt. Das ist ein Schock. Alle Charaktere sind gut gezeichnet und man hat eine Verbindung zu ihnen. Dass dann diese nette, alte Dame so mies ums Leben kommt ... nicht schön. Noch härter trifft es uns dann, wenn wir sehen, wie sich Scott für "seine Herde" aufopfert. Es ist jedoch am Ende gut so. Wir brauchen einen Helden und der ist Scott. Damit sollte er sich und seinen Ansichten bis in den Tod treu bleiben. Teile seiner Predigt sagten dies in gewisser Weise voraus:
Und darum … betet nicht zu Gott, dass er eure Probleme löse, betet zu dem Göttlichen, das in euch ist. Habt den Mumm für euch selber zu kämpfen. Gott will tapfere Seelen. Er will, dass ihr gewinnt. Nicht, dass ihr aufgebt. Wenn ihr nicht gewinnen könnt, dann versucht wenigstens zu gewinnen. Gott liebt den Wagemutigen.
Scott ist mutig, aber nicht ohne vor seinem Ende seinen Gott noch anzuklagen: Verlangst du noch ein Opfer? Gut, dann nimm mich!
Gene Hackman ist eine sehr gute Wahl für diese Rolle.
Die Höllenfahrt der Poseidon ist beinahe zwei Stunden lang und es wird nie langweilig. Vor allem die Unterwasserszene mit Scott und Mrs. Rosen ist spannend.