Besprechung
Ein bandagierter Mann kommt mitten in einem Schneesturm in einer Kneipe in einem kleinen Dorf an. Er verlangt ein Zimmer und Ruhe. Der Mann führt im Geheimen Experimente durch. Er braucht eine Lösung. Einen Rückweg. Jack Griffin (Claude Rains) war ein wissenschaftlicher Gehilfe von Dr. Cranley (Henry Travers), zusammen mit Dr. Arthur Kemp (William Harrigan). Doch Griffin betrieb nebenbei noch Forschung auf eigene Rechnung. Das Ergebnis: er ist unsichtbar und sucht nun ein Gegenmittel.
Doch die Schankleute, allen voran die nervige Wirtsdame Jenny Hall (Una O’Connor), lassen ihn nicht in Ruhe arbeiten. Der Unsichtbare wird laut, jähzornig und aggressiv. Die Polizei wird gerufen, doch er entkommt — unsichtbar.
Griffin sucht Unterschlupf bei seinem ehemaligen Kollegen Kemp und schüchtert diesen kräftig ein. Schnell wird klar, dass der Unsichtbare finstere Pläne verfolgt, in die er Kemp einweiht.
Derweil ist ein Großaufgebot der Polizei hinter dem unbekannten Mann her, der sogar schon einen Polizisten ermordet hat. Die Jagd beginnt.
Meinung von Nils
Oh, was für ein schöner Film. Aus der Reihe der Universal Horror-Klassiker ist dies der letzte Streifen, der mich noch interessiert hat. Zwei Jahre nach Frankenstein lieferte Regisseur James Whale einen weiteren Klassiker des Horror-Genres ab. Auch wenn Der Unsichtbare nicht so viel Aufmerksamkeit heutzutage genießt wie z.B. der oben erwähnte Frankenstein.
Whale galt als Mann, der einen besonderen Humor hatte. Die Darstellerin Una O'Connor, die die neugierige Wirtsdame gibt, fand er zum Brüllen komisch. Mich stört sie ungemein. Man merkt schnell, dass Der Unsichtbare nicht so todernst anfängt wie so manch anderer Universal-Film. Aber — ich weiß nicht, ob's an mir liegt — diese Art des Humors ist Klamauk. Und er stört.
Wenn man die Wirtshausszenen aussen vorlässt, gewinnt der Film vor allem durch das Spiel von Claude Rains. Die Drogen in seiner Unsichtbar-Formel haben ihn wahnsinnig gemacht. Er will die Welt erobern, rauben und Menschen umbringen. Nur weil er es kann. Niemand wird ihn je fangen können. Rains bringt den Wahnsinn perfekt auf die Leinwand. Dabei sieht man den Schauspieler nie. Man hört nur seine Stimme. Und die ist donnernd, im Original mit einem stark rollenden R. Zwischendurch lacht er immer wieder hoch und schrill. Hier kann man es schon mit der Angst zu tun bekommen.
Der Unsichtbare hat für 1933 eine ganz hervorragende Tricktechnik. Man sieht nur an ganz wenigen Stellen die Fäden, die z.B. ein Buch schweben lassen. Den Großteil des Films sieht man keine Hilfsmittel. Und die Art, wie sie den Unsichtbaren gefilmt haben, wenn er z.B. einen Pyjama anhat — klasse! Eine Kombination aus schwarzem Samt für die später unsichtbaren Stellen und Mehrfachaufnahmen, die später zusammengeführt wurden, lassen die Illusion eines unsichtbaren Mannes auf der Leinwand entstehen. Ja, im Vergleich zu heute ist das alles nichts. Wir sehen, dass der hintere Teil des Kragens nicht sichtbar ist — aber damals muss das der Wahnsinn gewesen sein.
Das Buch von H.G. Wells habe ich nicht gelesen. Der Film soll sich relativ gut an die Vorlage halten, hat jedoch einige wichtige Aspekte komplett ausgeblendet, respektive verändert. So soll der Unsichtbare im Buch nicht so wahnsinnig gewesen sein. Wells selber wollte beim Unsichtbaren den Aspekt des sozialen Aussenseiters hervorheben, was im Film fehlt. Zudem überlebt Kemp im Buch. Whales brach hier mit dem Buch. Vielleicht auch, um das ewige Happyending zu unterbinden: Lass uns die Hauptfigur und den Lover der Verlobten (Gloria Stuart) umbringen. So geschah es dann auch.
Unterm Strich ist Der Unsichtbare ein toller Film. Spannend, temporeich und mit Witz. Auch wenn ich diesen Witz eher als Klamauk ablehne, daher leider Punktabzug, sonst höher bewertet. Die Trickeffekte sind für die damalige Zeit erste Sahne. Das Wiedersichtbarwerden von Griffin am Ende — toll. Sollte man unbedingt mal angeschaut haben. Durchaus auch im Original, damit man die Stimme von Claude Rains miterleben kann.