Filmplakat Becky

5,5/10

"I don't worship a killer." — Becky, 2020

Becky

Besprechung

Vor einem Jahr ist die Mutter der 13-jährigen Becky (Lulu Wilson) verstorben. Seitdem ist das Verhältnis zu ihrem Vater Jeff (Joel McHale) gestört. Er bemüht sich redlich, aber Becky ist in ihrem Kummer gefangen und trotzt ihrem Vater, wo sie nur kann. Als der mit ihr zum alten Ferienhaus im Wald fährt, ist sie aufgebracht. Sie denkt, das sei zum Abschied nehmen und der Vater wolle das Haus verkaufen. Will er aber nicht. Für einen kurzen Moment ist Becky froh. Dann kommt Jeffs neue Freundin Kayla (Amanda Brugel) mit ihrem Sohn Ty (Isaiah Rockcliffe) an. Was zum Teufel …? Jeff verkündet, dass er und Kayla heiraten wollen. Becky haut ab.

Während das junge Mädchen durch den nahen Wald streift, kommt ein Mann an die Tür von Jeffs Haus. Dominick (Kevin James) gibt sich aus als Mann, der seinen Hund verloren hat. Was aber nicht stimmt. Er und drei andere Männer sind morgens aus einem Gefangenentransport geflohen. Dominick ist ein Nazi, der vor nichts zurückschreckt.

Dominick hat diese Operation schon lange geplant gehabt. Das kleine Haus im Wald wurde nicht durch Zufall ausgesucht. Im Keller hat Dominick vor seiner Inhaftierung einen Schlüssel versteckt. Doch der ist nicht mehr da. Becky hat den Schlüssel. Becky wird immer lästiger für den gefährlichen Verbrecher. Das Mädchen ist aber nicht nur lästig, sondern in Wut — und damit auch gefährlich. Sehr sogar!

Meinung von

Film Nummer vier auf dem Fantasy Filmfest 2020. Die Geschichte ist ziemlich geradlinig. Böse Jungs brechen aus und suchen einen Schlüssel. Das ist der klassische MacGuffi: ein Uten­sil, die die Handlung antreibt, selber aber keinen echten Nutzen hat. Wir erfahren nie, wozu der Schlüssel da ist. Böse Jungs treffen auf kleines Mädchen. Mädchen macht böse Buben platt.

Das ist doch alles völlig unrealistisch. Da sind vier gesuchte Schwerverbrecher. Die haben vor wenigen Stunden erst einen Vater und seine zwei Kinder umgebracht und die sollen von einem kleinen Mädchen mit Kulleraugen ausgeschaltet werden? Niemals! – Aber Becky ist anders als die Mädchen in ihrer Klasse. Becky hat Schmerz in sich drin. Und Wut.

Ihre geliebte Mutter wurde ihr genommen, alles, was sie je geliebt hat (darunter auch ein Hund), wurde ihr genommen. Am Ende hat sie nichts mehr außer ihrer Wut. Deshalb entwickelt sie viel Kraft, Geschick und Erfindungsreichtum. Sie kennt sich aus in den Wäldern und sie weiß alles, was ihr in die Hände kommt, zu nutzen. Sei es ein abgebrochenes Lineal, ein Haufen Stifte oder ein Außenbordmotor. Selbst der gesuchte Schlüssel kommt zum Einsatz, um Dominick und seine Mannen zu schaden.

Eigentlich könnte der Film gut sein. Leider ist er nicht so doll, wie erwartet. Lulu Wilson wurde wohl hauptsächlich wegen ihrer Kulleraugen gecastet, die mir ziemlich schnell auf den Keks gingen. Ebenso ihr monotoner Gesichtsausdruck. Das soll eine Art innerer Kampf oder auch nur die innere Leere sein. Dennoch stört das. Kevin James ist eher bekannt als Komiker (u.a. Hitch). Da ist es natürlich ein Hingucker wert, wenn der in die Rolle eines Bösewichts schlüpft. Mir hat hier die Tiefe gefehlt. Es wird angedeutet, dass er skrupellos ist. Das hätte aber gerne intensiver sein können. Ich habe einen Kampf zwischen "zwei Mächten" erwartet. Stattdessen plätschert das Verhältnis zwischen Becky und Dominick leicht vor sich hin. Becky ist gefühlt immer dominant und Dominick wird ihr nicht wirklich gefährlich. Das ist schade. Die Auseinandersetzung hat gefehlt.

So lebt Becky nur noch davon, dass wir ein kleines Mädchen sehen, das sehr gewalttätig und kaltschnäuzig ist. Es gibt schon zwei oder drei Szenen, die sind äußerst blutig und unangenehm anzuschauen. Ein lautes Stöhnen und angeekeltes Geächze ging durchs Kino, als Dominick "was am Auge hatte". Das. War. Ekel. Haft!

Das Regie-Team Jonathan Milott und Cary Murnion (Cooties) zeigt uns einen klassischen Rache-Film. Dabei setzen die beiden mehr auf Schock und Ekel, als auf Charaktere. Hätte man ja auch mal machen können ...