Besprechung
Die Pianistin Christine Radcliffe (Bete Davis) kann ihr Glück kaum fassen. Durch einen kleinen Zufall entdeckt sie, dass ihr früherer Liebhaber Karel Novak (Paul Henreid), ein begnadeter Cellist, den Krieg überlebt hat. Christine dachte, sie hätte Karel im Krieg verloren. Sofort schnappt sie sich Karel und holt ihn zu sich in ihre Wohnung. Es wird so schnell wie möglich geheiratet. Karel wundert sich allerdings schon, wie eine erfolglose Musikerin sich eine so prachtvolle Wohnung leisten kann.
Am Hochzeitstag kommt etwas Licht ins Dunkel. Der große Komponist Alexander Hollenius (Claude Rains) steht in der Tür. Die Partygäste sind genauso überrascht wie Christine und Karel. Hollenius gibt sich eklig, überheblich und trieft seine Verachtung für die Eheschließung aus jeder Pore. Am Ende verrät Hollenius dem Ehemann, dass Christine diese Wohnung, die Pelze und die Kunstgegenstände ihm zu verdanken hat.
Es ist klar, dass Christine und Hollenius eine Affäre hatten. Der Komponist macht Besitzansprüche geltend. Es wird aber nie ausgesprochen. Dafür sorgt Christine, die vom ersten Moment ihren Karel angelogen hat, was das Verhältnis von Hollenius und ihr betrifft. Schließlich wird Hollenius doch überaus reizend zu Karel. Er bietet ihm sogar seine neue Komposition an. Christine wittert Verrat.
Meinung von Nils
Ich bin ehrlich, ich mochte Bette Davis noch nie gerne. Hier spielt sie eine Frau, die ständig unter Strom ist und gehetzt wirkt. Sie hat auch allen Grund dazu. Eben hat sie noch ihre große Liebe wiedergefunden und geheiratet, schon lügt sie Karel das Blaue vom Himmel. Vor allem am Anfang ist das Zusammenspiel von Davis und Henreid ... sagen wir mal ... schrecklich. Ich erinnere mich an die Szene, wo Karel wissen will, wie sich Christine diese Wohnung leisten kann. Er braust von 0 auf 100 in unter einer Sekunde, fuchtelt mit den Armen – bis er den Hals von Christine findet und sie würg-schüttelt. Das ist dann doch ein weeeenig übertrieben.
Der Film nimmt erst Fahrt auf ... Nein, das ist das falsche Wort. Der Film wird erst gut, wenn Claude Rains auftritt. Wow, was für eine Leistung. Rains hat das Image des verrückten und exzentrischen Musikers vollkommen aufgezogen. Regisseur Irving Rapper quetscht dann all die Süffisanz, den Hass, die Eitelkeit und die Sucht nach Macht aus Rains heraus. Das Schauspiel von Rains ist großartig! Eigentlich der einzige Grund, warum man den Film sehen sollte.
Der Rest ist die tranig dreinschauende Davis, die durch ihre Lügen nicht gerade Sympathieträgerin des Jahres wird. Christine erklärt das damit, dass sie Karel nur schützen wollte. Dieser Mann, ihre Liebe, war Jahre lang in Europa im Krieg und hat dort schreckliche Dinge erlebt. Sie will die Seele von Karel nur schützen. Und ihre Ehe. Gleichzeitig aber auch die Musik von Karel. Sie glaubt an ihn und sein Können. Sie wünscht sich, dass Karel Erfolg hat. Das glaubt man ihr. Ändert aber nichts daran, dass sie ihren Mann anlügt.
Der Film wird auch als Film noir eingestuft. Lasst uns mal schauen: Schwarz-Weiß: Ja. Tiefe Schatten: Ja. Eine Femme fatale: Ja, aber irgendwie nicht das, was ich mir normalerweise darunter vorstelle. Eine Femme fatale treibt doch für gewöhnlich einen Mann in den Abgrund. Das ist bei Trügerische Leidenschaft nicht der Fall. Wenn, dann schadet sie sich eigentlich nur selber. Christine steckt in einer schwierigen Situation. Sie will von Hollenius die Zusage, dass er Karel nichts erzählt. Der – ganz der Arsch, der er nun einmal ist – wird niemandem irgendetwas zusagen. Das hat er nicht nötig. Er spielt aber auch gerne mit Christine. Das macht die Figur des Hollenius noch so schön fies. Er hat aber auch immer wieder mal "lichte" Momente. Zum Beispiel wenn er Christine sagt: Wenn du anderen Leuten glauben willst, solltest du lieber aufhören zu lügen.
Wahre Worte.
Der Film hat wohl Warner einen herben Verlust beschert. Vielleicht lag das an der unzugänglichen Figur der Christine? Oder lag es daran, dass das Thema klassische Musik eine große Rolle spielt?
Ich bleibe dabei: Das Schauspiel von Claude Rains muss man gesehen haben. Rains und Henreid, die beide vier Jahre zuvor in Casablanca mitgespielt haben, liefern sich einige Scharmützel. Ganz groß ist die Bestellarie von Hollenius im Restaurant. Ganz, ganz groß! Dann schikaniert Hollenius später Karel bei der Generalprobe, bis dem der Kragen platzt und er Hollenius offen angreift.
Der Streifen ist auch ein Kriminalfilm. Wieso? Weil auf den letzten Metern Christine die Nerven verliert und Hollenius erschießt. Ob sie dafür ins Gefängnis geht oder nicht, das lässt der Film offen. Das könnte übrigens auch ein Grund für den Misserfolg gewesen sein. Damals gab es den Codex, der besagte, dass ein Film immer zeigen müsste, dass sich ein Verbrechen nie lohnt und Täter immer ihrer Strafe zugeführt werden. Das sehen wir hier nur nicht.
Claude Rains: Anschauen!