Filmplakat Der König und Ich

6,5/10

"Wer Wissenschaft lehren will, darf sich vor nichts fürchten." — Der König und Ich, 1956

Der König und Ich

Besprechung

Siam im Jahre 1862. Die britische Lehrerin und Witwe Anna Leonowens (Deborah Kerr) kommt an den Hof von Bangkok, um die Kinder des Königs Mongkut (Yul Brynner) zu unterrichten. Von Anfang an steht das Arbeitsverhältnis auf wackeligen Beinen. Wie Minister Kralahome (Martin Benson), die rechte Hand des Königs, zu verkünden weiß, bekommt Anna nicht das versprochene Haus. Sie und ihr Sohn Louis (Rex Thompson) sollen im Palast wohnen.

Der Königspalast ist ein seltsamer Ort. Der König hat viele, viele Frauen und noch viel mehr Kinder. Irgendwas über hundert, so genau weiß der König das auch nicht. Anna unterrichtet die Kinder „in moderner Wissenschaft“. Der König möchte sein Land in die Zukunft führen. Siam soll nicht mehr rückständig sein. Wissen ist wichtig und Aufklärung auch, das weiß der König. Damit geht er völlig neue Wege, die auch nicht von jedem mitgetragen werden.

Der König ist in mancher Hinsicht selber ein Kind, doch Anna weiß ihn zu nehmen und wirkt so auf ihn ein, dass er viele gute Ideen hat. Manches lässt sich jedoch nicht so schnell verändern. Da wäre vor allem das Verhältnis zu Frauen zu nennen. Sein jüngstes Geschenk stammt aus Burma, die zarte Tuptim (Rita Moreno), die aber eigentlich jemand anderes liebt.

Meinung von

Der König und Ich ist die Adaption des gleichnamigen Broadway-Musicals. Und tatsächlich fängt Deborah Kerr schnell an die Gesangsstimme zu erheben. Da dachte ich noch, ich müsste nun den Rest des Films Gesang ertragen. Aber es ist ein Musical, da wird zum Glück auch gesprochen. Der Film stammt aus einer Ära des Films, in der eben viel gesungen wurde. Ich denke da an z.B. My Fair Lady oder Du sollst mein Glücksstern sein. Aber mal ehrlich, wenn Musical drauf steht, darf ich mich eigentlich jetzt auch nicht wundern ...

Der Streifen ist Hollywood pur. Alles ist Kulisse, die Räume sind sehr farbenfroh, das ist schon nicht mehr schön. Aber man hat sich Mühe gegeben, das merkt man schon. Deborah Kerr (Leben und Sterben des Colonel Blimp, Schwarze Narzisse, Verdammt in alle Ewigkeit, Schloß des Schreckens) spielt eine moderne Frau, die weiß was sie will. Sie ist aber nicht trotzig um des Trotzes willen. Sie hat klare, aufgeklärte Vorstellungen vom Miteinander. So darf kein Mensch einen anderen Besitzen. Das Thema Sklaven wird dann auch in Form einer eigenen Interpretation von "Onkel Toms Hütte" aufgegriffen. Wichtiger Punkt – für mich quälend umgesetzt. Diese thailändische Art den Stoff darzubieten war grausam.

Ich schrieb bereits, dass Der König und Ich ein Hollywood-Produkt seiner Zeit war. Damit sollte auch klar sein, dass die Hauptrollen alle mit dunkel angemalten Amerikanern besetzt sind. Martin Benson war Brite, Rita Moreno stammt aus Puerto Rico. Also alles super authentisch. Nicht. Darüber muss man einfach hinwegsehen.

Yul Brynner (u.a. Die glorreichen Sieben, Westworld) spielt fantastisch. Sein König ist stolz, manchmal trotzig, hat aber immer das Beste für sein Land im Sinne. Er weiß, dass Siam den Weg in die Zukunft gehen muss und er will den Weg ebnen. Er hat schon eine Druckerpresse ins Land geholt, um Wissen in Form von Büchern zu verbreiten. Seine Kinder, allen voran der Kronprinz Chulalongkorn (Patrick Adiarte) sollen die beste Ausbildung genießen, die es gibt. Deswegen ist auch Anna am Hofe. Sie ist ihm in vielen Situationen eine wichtige, eine starke Stütze. Brynners König ist neugierig und nimmt Wissen auf. Außerdem die seltsame Eigenart, so manchen Satz mit etcetera, etcetera, etcetera ... zu beenden. Es macht jedenfalls Spaß Brynner zuzuschauen.

Ob es im Musical auch vorkam oder nur für den Film adaptiert wurde, vermag ich nicht zu sagen. Aber Brynner spielte in Die zehn Gebote den ägyptischen Pharao Ramses. Vor dem hat Moses die Israeliten in die Freiheit geführt. In Der König und Ich liest jedenfalls der König die Bibel und sagt zu Anna: Und ich sage, ihr Moses ist doch ein Dummkopf gewesen. Es wäre ein netter, kleiner Witz.

Der König ist gen Ende hin- und hergerissen zwischen den Traditionen seines Landes und dem Wunsch modern zu sein. Dieser Wunsch bringt ihn schließlich sogar ins Grab. Trotz der Heiterkeit des Films, hat er also auch ernstere Töne. Das ist alles geschickt miteinander verwoben.

Man muss hinnehmen, dass viel gesungen wird und dass Whitewashing am laufenden Band betrieben wird – davon abgesehen ist der Film nette Unterhaltung mit Moralanspruch. Die Tanzszene mit Kerr und Brynner ist legendär.