Besprechung
Der amerikanische Verleger Lewis Venable (Robert Cummings) hat von der Geschichte der wunderschönen Juliana gehört, die die schönsten Liebesbriefe erhalten hat, die ein Mensch jemals geschrieben bekommen hat. Verfasser dieser Briefe war Ende des 19. Jahrhunderts der Poet Jeffrey Ashton. Der Versuch die Briefe in die Finger zubekommen und diese zu veröffentlichen schlägt fehl, weil Juliana Bordereau (Agnes Moorehead), die mittlerweile 105 Jahre alt ist und in Venedig mit ihrer Nichte Tina (Susan Hayward) lebt, diese nicht hergeben will.
Mit Hilfe eines Freundes kann sich Lewis als ein Autor namens William Burton ausgeben, der im Haus der Bordereaus seine Ruhe fürs nächste Projekt sucht. Da die Bordereaus unter argen finanziellen Schwierigkeiten leiden, lassen sie sich die Beherbergung des fremden Gastes einiges kosten. „Burton“ willigt ein, er will diese Briefe haben.
Im Grunde wird Lewis von der ersten Minute an kaltherzig behandelt. Tina ist eiskalt, aber auch wunderschön. Juliana ist etwas zutraulicher. Nur die Haushälterin Amelia (Joan Lorring) ist nett. Die hat aber mächtig Angst vor Tina.
Eines Abends hört Lewis Musik. Er folgt ihr und findet Tina vor, die wie in Trance ist und vorgibt Juliana zu sein. Sie hält den gast für ihren Liebhaber Jeffrey Ashton. Lewis spielt mit, obwohl ihm dieses ganze Gebaren sehr seltsam anmutet. Was stimmt hier nicht im Haus Bordereau? Welche Geheimnisse sind in diesen dunklen, alten Mauern verborgen?
Meinung von Nils
Der Film wird als "Film noir" gehandelt. So ganz stimmt das nicht. Briefe aus dem Jenseits krankt daran, in kein Genre zu passen. Der Film basiert lose auf dem Roman "The Aspern Papers" (1888) von Henry James. Regisseur Martin Gabel hatte bis zu Briefe aus dem Jenseits noch keinen Film gedreht gehabt – weder vor, noch hinter der Kamera. Dennoch hat man ihm den Film anvertraut.
Produzent Walter Wanger hatte die Zügel eher in den Händen, als Gabel. Wanger wollte die damals noch nicht sonderlich unbekannte Susan Hayward mit dem Film pushen. Wanger hatte für seinen Film den europäischen Markt im Visier. Blöd nur, dass es zu der Zeit Importverbote gab, weshalb der Film hauptsächlich doch in Amerika gezeigt wurde.
Universal Pictures stehen hinter dem Streifen. Die sind bekanntlich groß geworden durch Horrorklassiker wie Frankenstein, Dracula und später auch Der Schrecken vom Amazonas. Deshalb wollte Universal auch Briefe aus dem Jenseits eher als Horrorfilm vermarkten. Schön düster, gruselig, mysteriös. Also was ist der Film nun? Horror? Drama? Mysterythriller? Goth? Film noir? Ein Hayward-Vermarktungsmonster? Irgendwie alles davon.
Die Figuren sind etwas unrund und holperig, wie die Geschichte auch. Dieser Genremix macht es einem nicht, sich dafür zu erwärmen. Susan Hayward soll den Streifen nicht gemocht haben. Sie nannte ihn die eineinhalb verlorenen Stunden
(in Anlehnung an den Originaltitel The Lost Moment).
Tina ist eine gespaltene Persönlichkeit. Tagsüber ist sie kalt und abweisend. Des Nachts ist sie in der Rolle der schönen Juliana zu sehen, die von der Schönheit der Briefe ihres Geliebten zehrt. Lewis ist zunächst verwirrt. Die echte Juliana, die alte Dame, fürchtet, dass ihre durchgeknallte Enkelin ihr in dieser Rolle etwas antun könnte. Sie rät dem jungen Mann, Tina doch einmal auszuführen. So soll er sie in die Realität zurückholen, sie heilen. Das klappt auch irgendwie und – schwups – ist Lewis in Tina und Tina in Lewis verliebt. Tata.
Ach, dann kommt noch an den Tag, dass die echte Juliana den echten Jeffrey damals umgebracht hat, weil er sie verlassen wollte. Das erklärt das seltsame kleine Fleckchen im Garten, auf dem nichts wachsen will. Das kommt aber alles kurz vor Schluss raus. Vermutlich, um noch den "Horror" ein letztes Mal heraufzubeschwören.
Für mich war der Film nichts. Gelobt wird er dann auch von Andere. Da wird gerne die Make-Up-Abteilung von Bud Westmore gelobt, weil sie die damals 47-jährige Moorehead auf 105 getrimmt haben.