Besprechung
Der Cahulawassee-Fluss soll aufgestaut wurden. Dadurch wird ein wunderschönes Stück Natur zerstört. Um das noch einmal zu erleben, beschließen vier Männer diesen Fluss mit Kanus herunterzuschippern. Lewis Medlock (Burt Reynolds) ist der Draufgänger. Er liebt das Risiko, reißt alles an sich und jeden mit sich. Er hat den Tripp vorgeschlagen. Ed Gentry (Jon Voight) ist der ruhige Gegenpol zu Lewis. Drew Ballinger (Ronny Cox) ist der Sensible und Ed hat noch den Versicherungsmakler Bobby Trippe (Ned Beatty) mitgebracht. Der muss seine Rolle noch finden, wird aber von Lewis immer Pfannkuchen genannt.
Die vier Männer reisen mit den Autos in die Wildnis, lassen die Wagen von Hillbillies nach Aintry bringen, wo die Männer am Ende des Wochenendes landen wollen. Los geht’s.
Bereits am ersten Abend in der freien Natur hat Lewis den Verdacht, dass sie nicht alleine sind. Am nächsten Tag treffen dann Ed und Bobby auf fremde Männer. Es fällt etwas vor, dass das Leben der vier Reisenden von Grund auf verändern soll. Ed muss sich sogar schließlich aus seiner Rolle herausgegeben und die Führung des Teams übernehmen.
Meinung von Nils
Beim Sterben ist jeder der Erste ist ein Film, der einem Filminteressierten immer wieder unterkommt. Der Film ist sehr hoch gelobt. Der amerikanische Autor James Dickey schrieb das Buch "Flussfahrt" (im Original "Deliverance") 1970 als erste Novelle. Zuvor hatte er nur Gedichte verfasst. Das Buch schlug ein und nur zwei Jahre später kam der Film in die Kinos.
Regisseur John Boorman war fünf Jahre zuvor mit seinem Film Point Blank aufgefallen. Dickey schrieb das Drehbuch. Mit einem extra schmalen Budget ging man dann an die Arbeit. Boorman wollte möglichst unbekannte Gesichter. Ronny Cox gibt an, er habe vor Beim Sterben ist jeder der Erste noch nie vor der Kamera gestanden. Auch Ned Beatty war auf der Leinwand bis dahin nicht bekannt. Burt Reynolds war in vielen TV-Serien zu sehen gewesen und eher ein B-Movie-Star. Jon Voight war durch Asphalt-Cowboy bereits einem breiten Publikum bekannt.
Weil der Film ein so geringes Budget hatte, war niemand am Set versichert und die vier Stars haben ihre Stunts selber gemacht. Etwas, das heute nicht möglich wäre. Der Film an sich wäre heutzutage aber auch nicht möglich, so Regisseur Boorman. Damals habe man als Filmmacher viel mehr Freiheiten gehabt. Das Filmstudio hat einem nicht reingeredet und dem Filmteam vertraut – im Gegensatz zu heute.
Die Vergewaltigungsszene im Wald ist das, was den Film so grausam macht. Ed und Bobby treffen auf diese Hinterwäldler, die in den weichen Städtern Frischfleisch sehen. Die kann man gut und gerne erniedrigen und demütigen. So kommt es, dass einer (Bill McKinney) Bobby vergewaltigt. Ed kann nur an einen Baum gefesselt hilflos zusehen.
Das Bild kann man als das Motiv des Films sehen: Hier wird die Natur (der Fluss) durch den Menschen vergewaltigt und dort rächt sie sich, in dem ein Bergmann den Stadtmenschen vergewaltigt. Das kann natürlich nicht ohne Konsequenzen von statten gehen. Lewis greift ein und erschießt den Angreifer.
Ebenfalls ein Kampf zwischen Zivilisation und Natur ist der so genannte "Banjo-Kampf" zwischen Drew, der eine Gitarre spielt und einem eher unzüchtig aussehendem Hinterwäldlerjungen, der Banjo spielt. Die beiden treten in einen freundschaftlichen Wettstreit, wo Drew eine Melodie vorspielt und der schweigsame Junge diese nachspielt. Das schaukelt sich hoch und am Ende gewinnt auch hier "die Natur". Drew gibt auf, weil er mit dem schnellen Spiel des Jungen nicht mithalten kann. Eine Versöhnung findet nicht statt. Drew reicht dem Jungen freundschaftlich die Hand, doch der schlägt nicht ein. Stadt und Natur sind nicht miteinander in Einklang zu bringen.
Der Junge wurde von Billy Redden gespielt, der zu Ronny Cox – also Drew – ein gutes Verhältnis hatte. Billy konnte jedoch nicht Ned Beatty ausstehen. Weil Billy Ronny sehr wohl die Hand gegeben hätte, musste Ned noch in der Szene auftreten, nur damit Billy Ronny nicht die Hand gibt und die Trotzhaltung einnimmt, die wir dann im Film sehen. Auch das ist Filmmagie.
Nach dem Mord an dem Vergewaltiger stehen die vier Männer da und wissen nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Sollen sie der Polizei melden, was vorgefallen ist? Das will Bobby natürlich nicht. Lewis ist da auch pragmatischer: Lasst uns den Leichnam verscharren, in ein paar Wochen wird das Tal und der Wald eh überflutet. Drew ist das Gewissen der Gruppe und kämpft vergebens darum, das Richtige zu tun. Das bricht ihn am Ende auch. Er gibt auf und stürzt sich ins Wasser.
Beim Sterben ist jeder der Erste ist kein Wohlfühlfilm. Er ist in gewisser Weise ein Abenteuerfilm, hauptsächlich aber ein Drama. Wie geht man mit dieser Gewalt um, die über die vier Männer hereinbricht?
Als Lewis mit gebrochenem Bein ausfällt, Drew bereits tot ist und laut Lewis einer der Männer die Kanuten verfolgt hat, gar Drew erschossen, da muss Ed aus seiner Komfortzone heraus und den Job machen, den bis dahin Lewis inne hatte. Er muss die Überlebenden vor der Gefahr schützen. Auch hier gilt: Nicht ohne Konsequenzen. Die Natur bricht Ed ebenfalls. Ein Stadtmensch kann er nicht mehr wirklich sein, auch wenn er sich über Chrome, saubere Wäsche und Ordnung in der Zivilisation wieder freut.
Kommt mir jemand mit Hillbillies, muss ich unweigerlich an einen Horrorfilm denken. Jon Voight kam beim Lesen des Skripts nur zur Vergewaltigungsszene und dachte auch, er habe eine unappetitliche Horrorgeschichte vorliegen. John Boormann hat so lange genervt, bis Voight das Skript weiterlas. Als er bei der Szene ankam, bei der Ed die Felswand hochklettert, konnte sich der Schauspieler in der Rolle sehen. Boormann musste ihn trotzdem noch austricksen, bis Voight die Rolle annahm.
Burt Reynolds schaffte es mit diesem Film aus der B-Klasse in die A-Klasse der Schauspieler. Das war ihm, das war allen am Set bewusst.
Der Film ist durchaus interessant. Er ist aber nicht das, was ich erwartet hatte. Immerhin wird Beim Sterben ist jeder der Erste sehr hoch gelobt. Man muss ihn wohl 1972 gesehen haben.