Filmplakat Violet & Daisy

9/10

"Dude, you're a veterinarian." — Violet & Daisy, 2011

Violet & Daisy

Besprechung

Violet (Alexis Bledel) und Daisy (Saoirse Ronan) sind beste Freundinnen, sie wohnen zusammen, stehen beide auf die Sängerin Barbie Sunday und wenn sie nicht gerade Backe-Backe-Kuchen spielen, bringen sie im Auftrag Leute um. Violet ist die Gewalttätigere von den beiden Mädchen. Okay, Mädchen ist nicht ganz richtig. Daisy ist gerade 18 geworden.

Um sich ein Kleid ihres Idols kaufen zu können, nehmen Violet und Daisy einen neuen Job an. Eigentlich ein ganz einfaches Ding. Irgendein Typ hat Geld gestohlen und auch noch damit geprahlt, als er die Bestohlenen angerufen und seinen Namen gesagt hat. Man weiß wo er wohnt und wie er heißt. So doof kann man eigentlich nicht sein. Die beiden jungen Frauen machen sich auf den Weg.

Doch der Mann ist nicht da. Erst später taucht er (James Gandolfini) auf und ist ganz nett zu den beiden Killerinnen. Man kommt sich näher bei Keksen und Milch. Doch ein Job ist ein Job. Aber wenn man erst einmal „den Job“ kennen gelernt, sich mit ihm unterhalten hat, dann fällt das Töten irgendwie schwerer. Dabei will der Mann, dass die Mädels ihn umbringen.

Meinung von

Geradezu surreal mutet der Film um die beiden jugendlichen, noch mädchenhaften Auftragsmörderinnen an. Die Stimmung in Violet & Daisy ist eine ganz seltsame. Es ist ruhig, ein besonderes Licht scheint, einige sehr gelungene Kameraeinstellungen, die beiden Mädchen wirken so lieblich und unschuldig und doch schießen sie ohne Gnade alles nieder, was es niederzuschießen gibt. Der Zuschauer wird immerzu vom Wattenbäuschen-Gefühl hin in die Badewanne voller Blut und Leichen geworfen. Äußerst skurril die gesamte Situation.

"Der Job" läuft für die beiden Killerinnen nicht so, wie er sollte. Ein "Hit and Run" ist das diesmal nicht. Noch nie haben sie einen Beziehung zu einem ihrer Opfer gehabt. Und dieser Mann, dieser ruhige, freundliche, ältere Herr ist väterlich nett zu Violet und Daisy. Wer in so jungen Jahren Menschen umbringt, der kann kein wohl behütetes Elternhaus gehabt haben. Plötzlich ist da eine Vater-Figur.

Die ohnehin zartere Daisy knüpft schnell Freundschaft mit dem Mann, der während des gesamten Films keinen Namen hat. Während Violet neue Munition holt, kommt Daisy dem Mann näher. Sie erfährt warum er sterben will. Das macht den Auftrag auch nicht leichter.

Beide, Saoirse Ronan und Alexis Bledel, spielen ihre Rollen klasse. Sie wirken unschuldig, aber leben in einer grausamen Gewaltwelt, in der auch schon nach getaner Arbeit der "Dance of eternal bleeding" aufgeführt wird — man springt auf den Ermordeten herum, bis das Blut aus ihnen rausspritzt.

Regisseur und Drehbuchautor Geoffrey Fletcher, der mit Violet & Daisy sein Regiedebüt ablegte, schafft es, die beiden Frauen sympathisch darzustellen, um dem Zuschauer im nächsten Moment Violet zu zeigen, wie sie auf einem Haufen Leichen in der Badewanne stehend duscht. Die Gewalt ist überhöhnt, absurd, aber auch lustig. Meine Begleitung meinte, in dem Film wäre ein Hauch von Tarantino zu spüren gewesen. Tarantino kann ich bekanntlich nicht ausstehen (außer Jackie Brown), aber so wirklich mag ich Fletchers Werk und Tarantinos ewige Selbstkopie und Gewaltorgien nicht vergleichen. Violet & Daisy ist auch blutig, aber eher makaber als gewalttätig um der Gewalt willen.

Es gibt sehr viele, sehr ruhige Passagen in dem Film. Zum Glück ist das Fantasy Filmfest-Publikum ein ruhiges und so konnten die leisen Stellen des Films auch richtig wirken. Wichtig für einen Film ist bekanntlich die Musik, die hier sehr angenehm ist. Mal hört man ein Klavierkonzert, dann nur Streicher und wieder einmal Nat King Cole. Eine gelungene, stimmungsvolle musikalische Untermalung.

James Gandolfini, den man aus Die Sopranos kennt, gibt einen erschöpften Mann, der nicht mehr leben will. Hinzu kommt, dass ihn seine Tochter hasst. Da stehen plötzlich diese beiden jungen Dinger in seiner Wohnung, kaum älter als seine April (Tatiana Maslany). Er wird für einen Tag ein Ersatzvater für Violet & Daisy, die jedoch nie den Job vergessen. Irgendwann müssen sie den Auftrag durchziehen. Sonst geht es ihnen selber nicht gut.

Die Nummer Eins der Killer-Truppe (Marianne Jean-Baptiste) beobachtet die Mädchen mit den Nummern 8 und 9. Die Evaluierung fällt nicht gut aus.

Gegen Ende wird der Film, der trotz seiner Gewalt bis dahin leicht, locker und sehr lustig ist, bedrohlich. Bedrohlich in dem Sinne, dass zwischen den beiden Freundinnen etwas steht, dass nicht nur die Beziehung kosten könnte. Schließlich werden beide doch noch erwachsen - nach einem Tag mit einem Freund, dem man das Leben nehmen musste.

Hier stimmte alles. Gute Schauspieler, eine wilde, abgedrehte Geschichte mit Herz, ein gut gemachtes Ende, Spannung. Ein guter Einstand für Geoffrey Fletcher. Man kann sich, wenn man so ausgefallene und verrückte Geschichten mag, wunderbar amüsieren und gleichzeitig hat der Film trotz seines Killer-Themas sehr viel Wärme. Eine seltsame, gut geglückte Mischung.